Jagdhaus stammt aus dunkler Vergangenheit

Stärker könnten die Gegensätze kaum auseinander klaffen: An einem ruhigen Fleckchen im Pfälzerwald steht das Jagdhaus mit dem Namen „Lassmichinruh“. Manch einer mag schmunzeln bei dieser Namensgebung und in eine heimelige Gefühlslage verfallen, wenn er die urige Hütte sieht. Ja, hier könnte man wohl gut rasten nach einer Wanderung, mit einer kühlen Schorle auf der Holzbank und den Blick über die Pfälzerwald-Gipfel schweifen lassen. Doch andererseits ist die stattliche Hütte, aus Stein und Holz am Hang errichtet, das Erbe einer dunklen Vergangenheit – und sorgt bis heute für Kopfzerbrechen. Denn niemand anderes als einer der schlimmsten Pfälzer Nazis ließ dieses Domizil im Wald für sich und seine Familie erbauen. Josef Bürckel der als Erfinder der Deutschen Weinstraße und Deutschen Weinkönigin gilt war für zahlreiche Verbrechen in der NS-Zeit verantwortlich. Dazu zählt die Deportation von Juden und Jüdinnen aus der Pfalz in das Lager Gurs, von wo aus die meisten später nach Auschwitz kamen. Er schmückte sich mit damit, die Pfalz „judenfrei“ gemacht zu haben. Bürckel bewohnte ein herrschaftliches Anwesen in Neustadt – die heutige Villa Böhm – und ließ Mitte der 1930er Jahre das komfortable Jagdhaus errichten.

Lassmichinruh im Pfälzerwald

Die Jagdhütte bei Ramsen im Wald.

Den Namen „Lassmichinruh“ hat er an andere historische Flecken im Pfälzerwald wie „Kehrdichannichts“, „Murrmirnichtviel“ und „Schaudichnichtum“ angelehnt. Hier ging er mit Gleichgesinnten auf die Jagd und verbrachte seine Freizeit – streng abgeriegelt, denn Überlieferungen von Zeitzeugen gibt es keine. Der „Lassmichinruh“-Schriftzug zierte einst die Fassade der Hütte, wie zeitgenössische Fotos belegen, ist mittlerweile aber verschwunden. Das Haus ist hermetisch abgeriegelt, von außen sind noch Reste eines Pools zu erkennen und die große Terrassenfläche in der unteren Etage. Was bei den Treffen mit ranghohen Nazis hier einst besprochen wurde und welche Papiere „Hitlers liebster Gauleiter“ dort unterschrieben haben mag, bleibt der Fantasie überlassen. Wer heute an der Hütte vorbei kommt, ahnt nichts von dem einstigen Besitzer – und das wird zunächst auch so bleiben. Einerseits wolle man die Waldbesucher informieren, andererseits aber auch keine unerwünschten Personen anlocken, heißt es von Seiten des Landes Rheinland-Pfalz, dem die Hütte gehört.

Wie geht man mit dem historischen Erbe um?

Die Hütte liegt am Hang.

Das zuständige Forstamt Donnersberg, das das Waldgebiet in dem das Jagdhaus steht, verpachtet hat, stehe diesbezüglich mit dem Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserslautern in Verbindung. Also die Hütte abreißen, um erst gar keinen „Wallfahrtsort“ der Neonazi-Szene zu initiieren? So einfach ist die Entscheidung und der Umgang mit dem historischen Erbe nicht. In den vergangenen Jahren gab es immer mal wieder Exkursionen zu dem einstigen Nazi-Domizil – unter historischer Anleitung und mit dem gebührenden Respekt. Auch eine Publikation sei derzeit in der Mache. Es ist geplant, das Anwesen und seine Historie in der Aufarbeitung der Forstgeschichte des gesamten Landes Rheinland-Pfalz von 1919 bis 1959 zu thematisieren. Die NS-Zeit soll darin einen Schwerpunkt bilden. Dieses Werk ist derzeit in Arbeit und soll bis zum Ende des Jahres 2024 abgeschlossen werden. Danach sind für das kommende Jahr eine Publikation und eine Fachtagung geplant.

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